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Das derzeitige Potential der objektiven Methoden bei der Bestimmung des Hörvermögens
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Published: | October 23, 2009 |
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Die Beschreibung von Hörstörungen beruht zu einem wesentlichen Teil auf der Hörschwelle. Daher wird die Leistungsfähigheit aller Hörprüfungen und insbesondere der objektiven Methoden an ihrer Eignung zur Erfassung dieser wichtigsten audiologischen Größe gemessen. Entscheidende Kriterien für die Qualität der Schwellenbestimmung sind die Genauigkeit und die Frequenzspezifität. In Hinblick auf diese Parameter weist jede der verfügbaren Methoden Unzulänglichkeiten auf. Ursächlich hierfür sind die physiologischen Mechanismen der Reizverarbeitung und biologisch bedingte Variabilitäten sowie die Einflüsse von Reifung und Vigilanz. Ein erheblicher Teil der Anwendungen von OAE (otoakustische Emissionen) und AEP (akustisch evozierte Potentiale) als hörschwellenbezogene Prüfmethoden beruht darauf, dass der Signalnachweis automatisierbar ist. Neben der Objektivierung der Schwelle dienen die objektiven Methoden aber auch der Differenzierung verschiedener Ursachen für die Hörstörung.
Die transitorisch evozierten OAE (TEOAE) ermöglichen unter Verwendung breitbandiger Reize eine zwar nur qualitative, dafür aber sehr zuverlässige Aussage darüber, ob eine mehr als geringgradige Innenohrschwerhörigkeit vorliegt und sie sind damit hervorragend für die Früherkennung z.B. angeborener kindlicher Hörstörungen geeignet. Die Reizantwort ist im Prinzip in ihre Frequenzkomponenten zerlegbar und das Messergebnis dadurch mit Einschränkungen frequenzspezifisch.
Während die verzögerten TEOAE als direktes Abbild der aktiven Cochlea angesehen werden können, spiegeln die perstimulatorischen otoakustischen Distorsionsprodukte (DPOAE) primär die Nichtlinearität der cochleären Signalverarbeitung wider. Da die Antwort mit frequenzselektiven Reizen ausgelöst wird, ist sie (allerdings ebenfalls mit Einschränkungen) frequenzspezifisch. Gelingt der Nachweis der DPOAE, so ist in einem mit den Reizfrequenzen assoziierten Frequenzbereich eine mehr als mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit ausgeschlossen. Für beide OAE-Typen bleibt die Reizantwort bei größeren Hörverlusten aus (Grenze etwa 30 dB für die TEOAE und etwa 50 dB für die DPOAE), so dass die Informationsausbeute in Hinblick auf die überschwellige Reizverarbeitung sehr begrenzt ist.
Unter den AEP sind die frühen, durch einen Clickreiz ausgelösten und mit der BERA gemessenen Reizantworten (FAEP) äußerst robust und, von Reifung und Vigilanz unabhängig, bis nahe an die Schwelle nachweisbar. Sie ermöglichen die Beurteilung des Hörvermögens in dem für Sprachentwicklung und Sprachverstehen äußerst wichtigen Hochtonbereich und sie leisten einen wichtigen Beitrag in der Differentialdiagnostik z.B. des Akustikusneurinoms.
In der Diagnostik kindlicher Hörstörungen wird die Click-BERA seit einigen Jahren sinnvoll ergänzt durch die amplitude modulation following responses (AMFR). Mit diesen stationären Potentialen des auditorischen Systems ist der Abstand zum Ziel einer zuverlässigen frequenzspezifischen Schwellenobjektivierung bei Kindern verringert worden. Den eigenen Erfahrungen zufolge ist jedoch derzeit die Genauigkeit insbesondere im Tieftonbereich noch unzureichend. Demgegenüber ist es mit der auf den späten AEP (SAEP) beruhenden CERA zumindest bei Jugendlichen und Erwachsenen seit vielen Jahren problemlos möglich, ein objektives Audiogramm im Bereich von 250 Hz bis 8 kHz zu erstellen.