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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Bovines Perikard – ein vielseitiges Material der Zukunft

Meeting Abstract

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  • corresponding author V. Urbach - Ketteler-Krankenhaus Offenbach, Offenbach, Deutschland
  • M. Lindemann - Ketteler-Krankenhaus Offenbach, Offenbach, Deutschland
  • V. Paolucci - Ketteler-Krankenhaus Offenbach, Offenbach, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch11231

doi: 10.3205/09dgch041, urn:nbn:de:0183-09dgch0410

Published: April 23, 2009

© 2009 Urbach et al.
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Einleitung: Im Zeitraum Januar 2003 bis August 2008 wurden über 200 Patienten unter Verwendung von über 300 bovinen Perikardmembranen versorgt. Die Differenz zwischen Implantat- und Patientenzahl ergibt sich aus der Notwendigkeit bei großen Narbenhernien oder offenem Abdomen mehrere Membranen zu implantieren. Das Material wird vor der Implantation fünf Minuten unter sterilen Bedingungen in isotoner NaCl-Lösung rehydratisiert. Das bovine Perikard ist jetzt geschmeidig und lässt sich sehr gut modellieren. Die Konsistenz entspricht einem weichen Fensterleder, somit ist kein Memoryeffekt vorhanden. Dies erfordert bei der Entfaltung gelegentlich etwas Geduld und Fingerspitzengefühl bei endoskopischem Vorgehen.

Material und Methoden: Zur Fixation wurden verschiedene Methoden angewendet. Nachdem anfänglich bei der Leistenhernienversorgung der Clip im Vordergrund stand und die freie Implantation möglich schien, sind wir später nach einigen aufwendigen Nähten zur Fibrinklebung übergegangen. Für TEP und TAPP wurden Membrangrößen von 10x14 cm oder größer verwendet. Für die Lichtensteinmethode war eine Größe von 6x8 cm ausreichend. Kleine Faltenbildungen können ohne Konsequenzen akzeptiert werden. In jedem Falle kommt resorbierbares Nahtmaterial zur Anwendung.Besonders bei der Versorgung von Narbenhernien ist das spannungsfreie Vorgehen oberstes Gesetz. Im Falle einer medianen Narbenhernie oberhalb der Linea arcuata durchtrennen wir lateral die Rectusscheidenhinterwand unter Schonung der Rektusmuskulatur und der epigastrischen Gefäße und schlagen diese nach ventral um. Anschließend ersetzen wir die Hinterwand mit bovinem Perikard, welche wir an den lateralen Rändern der hinteren Rektusscheide bds. mit resorbierbarem Nahtmaterial fixieren. Die Perikardmembran kann dabei problemlos Kontakt zum Intestinum haben, da auf der glatten Seite der Membran kaum Verwachsungstendenzen bestehen. Mit dieser Rektusscheidenhinterwandplastk (RSH), eine modifizierte Sublayplastik, gewinnen wir 4 bis 10 cm Faszienmaterial, welches wir dann vor den Mm. recti und der Membran verschließen. Weiterhin verwenden wir die Perikardmembran in Verbindung mit der V.A.C.-Technik zum Verschluss des offen gelassenen Abdomen. Hierbei implantieren wir direkt auf das Intestinum mittels Fixation an den auseinander gewichenen Faszienrändern und platzieren auf der Membran den Schwamm des Vakuumverbandes. Abklingende Infektionen zerstören die Kollagenmembran nicht, sondern es bilden sich Granulationen auf der Membran. Wenn möglich verschließen wir die Defekte mittels einer Hautplastik (Verschiebe- oder Rotationslappen).

Ergebnisse: Aktuelle statistische Ergebnisse liegen zum Zeitpunkt der Abstracterfassung noch nicht vor, da bis Ende 2008 die Fertigung einer retrospektiven Studie unter besonderer Berücksichtigung der Sublaytechnik erfolgt. Die aktuellen Ergebnisse können auf dem Kongress dargestellt werden.Die bovine Perikardmembran eignet sich bei ausreichender Netzgröße und Fixation besonders mit Fibrinkleber zur Versorgung von Leistenhernien. Von einer Verwendung im Rahmen einer freien Implantation sollte abgesehen werden. Aufgrund des vollständigen Umbaus und der geringen Adhäsionsneigung sind Rezidivoperationen unproblematisch und ohne erhöhtes Risiko für den Patienten durchführbar. Narbenhernien können ebenfalls im Rahmen einer Sublay- oder modifizierten Sublayplastik mit der Kollagenmembran ohne Risiko für die Bauchorgane erfolgreich versorgt werden. Während der Umbauphase muss ein Widerlager für die Membran vorhanden sein, da in dieser Phase kurzzeitig ein ungeordnetes Kollagen vorliegt, bis sich ein stabiles dreidimensionales Kollagen ausbildet. Daher ist das bovine Perikard für die Anwendung im Rahmen einer Inlayplastik nicht geeignet.Der Einsatz bei abklingenden Infektionen (offenes Abdomen) auch in Verbindung mit Vakuumverband zeigt erste gute Erfolge. Die Untersuchungen werden fortgesetzt.

Schlussfolgerung: Mit der nativen Kollagenmembran aus bovinem Perikard steht uns ein vielseitiges Material zur Verfügung, welches bei korrekter Anwendung und Indikationsstellung einen sicheren Bindegewebsersatz ohne das Risiko unberechenbarer Spätkomplikationen und erhöhten Risikos bei Reoperationen bietet.