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Evidenz zu innovativen Antidepressiva im Zeitverlauf: Frühe Erkenntnis – späte Umsetzung?
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Published: | September 2, 2009 |
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Einleitung/Hintergrund: Welche Wirkstoffe zur Behandlung einer unipolaren depressiven Störung jeweils eingesetzt werden sollten, ist eine Frage, die in einer Vielzahl von Studien in der Vergangenheit untersucht wurde. Insbesondere zum Vergleich der beiden bedeutendsten Wirkstoffgruppen, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und trizyklische Antidepressiva, liegen zahlreiche klinische Studien vor. In der vorliegenden Untersuchung wird der Frage nachgegangen, seit wann hinreichend zuverlässige Erkenntnisse gegeben waren, die eine Entscheidung für eine der Wirkstoffgruppen begründen konnten.
Material und Methoden: Auf der Grundlage zweier wesentlicher Zielgrößen, der antidepressiven Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen durch Arzneimittel der betreffenden Wirkstoffgruppen (Studien- bzw. Therapieabbruch auf Grund von unerwünschten Wirkungen), wurden kumulative Meta-Analysen von RCT, basierend auf einem systematischen Review, angefertigt. Darauf aufbauend wurde der Zeitpunkt (Jahr) bestimmt, seit dem jeweils signifikante (5%-Niveau) Erkenntnisse zu Gunsten oder zu Ungunsten der SSRI oder der Trizyklika vorlagen.
Ergebnisse: Es wurden Ergebnisse von n=4031 Patienten in 31 Studien (antidepressive Wirksamkeit) aus dem Zeitraum von 1983 bis 2001 einbezogen. Die kumulative Meta-Analyse zeigte, dass kein signifikanter Unterschied in der antidepressiven Wirksamkeit beobachtet wurde (standardisierte Mittelwertdifferenz: 0,05; 95%-KI -0,01 bis 0,12). Die SSRI waren den Trizyklika hingegen in Bezug auf unerwünschte Wirkungen seit 1985 im Zeitverlauf konsistent überlegen (RR 0,69; 95%-KI 0,62-0,77).
Diskussion/Schlussfolgerungen: Neben der antidepressiven Wirksamkeit ist die Therapietreue ein wesentlicher Faktor des Therapieerfolges. Die Ergebnisse der vorliegenden Analyse hinsichtlich der antidepressiven Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen stimmen mit der gegenwärtigen klinischen Einschätzung der verglichenen Wirkstoffgruppen überein. Diese Erkenntnis war bereits seit Mitte der 1980er-Jahre verfügbar. Eine Betrachtung der Verordnungszahlen im Zeitverlauf deutet jedoch darauf hin, dass sich Umsetzungskonsequenzen für die ambulante Routineversorgung nur sehr verzögert eingestellt haben. Mögliche Erklärungen stellen Kosten-Barrieren und Informationsdefizite dar.