Article
Biomechanische Studie zum Einfluss von Alter, Knochenqualität und Body Mass Index auf das Risiko periprothetischer Femurfrakturen
Search Medline for
Authors
Published: | October 21, 2010 |
---|
Outline
Text
Fragestellung: Postoperative periprothetische Femurfrakturen stellen in der Hüftendoprothetik eine seltene (0,1–4%) aber ernste Komplikation dar, die eine technisch anspruchsvolle Behandlung nach sich zieht. Verschiedene Faktoren wie eine verminderte Knochenqualität und ein erhöhter Body Mass Index (BMI) werden besonders beim älteren Patienten, der mit einem zementfreien Hüftschaft versorgt wird, als kritisch gesehen. Eine experimentelle Risikobewertung wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht realisiert.
Methodik: 16 humane Femora (8li/8re) von Spendern (7w/9m) mit einem mittleren Alter von 73 J. wurden eingeschlossen und in eine jüngere (<70J.; 49–69 J.) und eine ältere Gruppe (≥77J.; 77–82 J.) unterteilt. Relevante Daten wie Alter, Knochenqualität und Körpergewicht wurden für die statistische Auswertung (Varianzanalyse, Pearson-Test) erhoben. Planung, Präparation und Implantation wurden durch einen einzelnen Operateur durchgeführt und für die Versuche ein Standard-Geradschaft (CLS®, Zimmer) in den Größen 6 bis 12,5 verwendet. Die Femora wurden distal in einem Polyurethan fixiert und mit 13,1° Adduktion und 31,8° Innenrotation im Versuchsaufbau unter kontrollierten Bedingungen über die Prothese bis zum Versagen belastet.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Die Untersuchung ergab eine altersabhängige Variation der Knochendichte (p<0,01). Die Femora älterer Spender versagten bei deutlich niedrigeren maximalen Belastungen (Fmax) (≥77 J.: Fmax=2,52kN) als die jüngerer Spender (<70 J.: Fmax=5,31kN). Im Falle der Knochendichte wurde in allen untersuchten Bereichen eine starke positive Korrelation zu Fmax gefunden (z.B. für das Ward'sche Dreieck: p<0,01; r=0,81). Es zeigte sich eine altersunabhängige, negative Korrelation (p=0,03; r=0,81) zwischen Fmax und dem BMI der Spender. Bei den Altersgruppen lag zudem ein signifikanter Unterschied (p<0,01) der CCD-Winkel und eine starke Korrelation zwischen der maximalen Belastung und dem CCD-Winkel vor. Bzgl. des Einsinkens des Schaftes wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den Altersgruppen gefunden und auch die entsprechenden Bruchbilder waren vergleichbar.
Patienten im fortgeschrittenem Alter (≥77 J.) besitzen nach Versorgung mit einem zementfreien Schaft bereits bei Belastungen, die dem normalen Gehen entsprechen, ein 1,5 bis 2-fach erhöhtes Risiko einer postoperativen periprothetischen Femurfraktur. Im Falle hoher Belastungen, z.B. beim Stolpern, wurde in beiden Altersgruppen ein vergleichbar hohes Risiko einer Fraktur festgestellt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass ein signifikant erhöhtes Frakturrisiko bei Knochendichten im Ward’schen Dreieck unter 0,500g/cm2 und altersunabhängig ab einem BMI von 33kg/m2 besteht. Es bleibt anzumerken, dass ein einzelner der genannten Risikofaktoren noch kein Ausschlusskriterium für die Versorgung mit einem zementfreien Schaftsystem sein muss, das gleichzeitige Auftreten mehrerer Faktoren den Operateur jedoch warnen sollte.