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Wie praxisrelevant ist unsere Wissensvermittlung? Kritische Selbstreflexion anhand einer spezifischen nicht angekündigten Wissensabfrage
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Published: | November 18, 2010 |
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Problemstellung: „Non scholae sed vitae discimus” hat – nicht zuletzt in der medizinischen Lehre – ewige Gültigkeit. Der Vorwurf an die (Medizin-)Universitäten, sie würden lediglich wissenschaftstheoretische Kompetenz vermitteln und die Studierenden nicht auf die relevanten Anforderungen im Berufsleben vorbereiten, ist nicht zuletzt durch die öffentliche Bildungsdebatte immer öfter Gegenstand aktueller Diskussionen.
Im Rahmen einer Diplomarbeit zum Thema der operativen Behandlung der Halswirbelsäule beim Rheumatiker wurde der Frage nachgegangen, inwieweit Studierende der Medizin Universität Graz in diesem Teilgebiet der Orthopädie mit Relevanz für Internisten, Neurologen und Allgemeinmediziner über praxisrelevantes Wissen – vermittelt durch einschlägige Seminare und Vorlesungen – verfügen.
Methodik: In drei Durchgängen wurde im Anschluss an die schriftliche Klausur (Modul 23 – Bewegungsapparat, Med Uni Graz) den Studierenden jeweils eine gesonderte Frage zur Bedeutung des zerviko- kranialen Überganges beim Rheumatiker gestellt. Diese Region ist deshalb besonders, weil es hier im Zuge einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises zu Instabilität und Schädigung des Rückenmarkes bis zur Tetraplegie kommen kann. Dieses Thema wurde auch in den auf die Klausur vorbereitenden Lehrveranstaltungen behandelt. Interessant bei diesem speziellen Thema ist die Notwendigkeit des „vernetzten Denkens”: eines der Initialsymptome - die Ataxie - wird oft durch den Neurologen abgeklärt, die medikamentöse Therapie wird durch den Rheumatologen durchgeführt und die evtl. notwendige Operation durch den Orthopäden bzw. Neurochirurgen. Es handelt sich um Fragen, bei denen die jeweils gleiche „richtige” Antwort („Halswirbelsäule”) durch die Formulierung der Frage zunehmend naheliegender formuliert wurde.
Resultate: Insgesamt wurden an den drei Terminen 90 Medizinstudierende befragt. Der relative Anteil „richtiger” Antworten wurde in jeder Fragerunde größer. In der dritten Fragerunde gaben 27% der Befragten die HWS als mögliche Region des Köpers an. Insgesamt stieg der Anteil „richtiger” Antworten um 20%, während der relative Anteil der Antwort „keine Ahnung” von 33% in den ersten beiden Fragerunden auf 23% in der dritten Fragerunde abfiel.
Schlussfolgerung: Diese Untersuchung zeigt deutlich den relativ hohen Wissensstand der Studierenden, die zuletzt bei 40% richtig lagen. Wobei bei einer Reihung der Wichtigkeit (Lebensbedrohung vor Lebensqualität) die Wertung durch dass befragte Kollektiv nicht praxisrelevant angewendet wurde. Regelmäßige Evaluation der Lehrinhalte und vor allem der didaktischen Methoden auf ihre Praxisrelevanz (Stichwort: „vernetztes Denken”), darf nicht aus den Augen verloren werden.