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28. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.
2. Dreiländertagung D-A-CH

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.
Schweizerische Gesellschaft für Phoniatrie; Sektion Phoniatrie der Österreichischen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie

09.09. - 11.09.2011, Zürich, Schweiz

Manometrische und magnetresonanztomographische Untersuchung des Schluckaktes

Poster

  • corresponding author Christiane Völter - Phoniatrie und Pädaudiologie, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsmedizin Göttingen, Deutschland
  • author presenting/speaker Petra Santander - Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Deutschland
  • W. Engelke - Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Deutschland
  • S. Zhang - Biomedizinische NMR Forschungs GmbH, Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, Universität Göttingen, Deutschland
  • J. Frahm - Biomedizinische NMR Forschungs GmbH, Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, Universität Göttingen, Deutschland
  • author Arno Olthoff - Phoniatrie und Pädaudiologie, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsmedizin Göttingen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 28. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP), 2. Dreiländertagung D-A-CH. Zürich, 09.-11.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgppP04

doi: 10.3205/11dgpp14, urn:nbn:de:0183-11dgpp143

Published: August 18, 2011

© 2011 Völter et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Die orale Phase des Schluckaktes wird bislang nicht vollständig verstanden. Welche Rolle die Ausbildung von Druckgradienten für den Schluckakt hat, ist derzeit nicht ausreichend untersucht.

Material und Methoden: Über einen Vakuum-Aktivator (Silencos Bredent, Senden), der an einen Drucksensor (GDUSB1000 Greisingen, Erlangen) mit einer Messfrequenz von 1 KHz angeschlossen wurde, erfolgte eine Messung des subpalatinalen Druckes. Drei verschiedene Schluckbedingungen wurden an 52 gesunden Probanden untersucht: primäres Saugen vor dem Schlucken (Test I), Schlucken nach Gabe eines Bolus Wasser (Test II) und nach Gabe eines Bolus Brei (Test III). Anschließend erfolgte eine Darstellung des Schluckaktes in sagittaler Ebene mit Hilfe der dynamischen Magnetresonanz-Tomografie mit einer Bildfrequenz von 25 Bildern pro sec mit dem 3 Tesla MRT-System (Siemens Healthcare AG, Erlangen) und einer gleichzeitigen Druckmessung.

Ergebnisse: Beim primären Saugen fand sich eine hohe intra- und interindividuelle Übereinstimmung der Druckkurven. Hohe negative Druckamplituden konnten bei allen Probanden beobachtet werden mit einem Medianwert von –279 mbar und einer medianen Dauer von 5,7 sec. Bei Test II fanden sich zwei verschiedene Kurvenmorphologien: 64% der Probanden zeigten eine plateauartige Kurve mit hohen Drücken, 36% nur niedrige Drücke. Beim Brei-Bolus fand sich eine komplexere Kurvenmorphologie.

Diskussion: Unsere Ergebnisse bestätigen das Vorkommen negativer intraoraler Druckamplituden während des Schluckens. Dabei scheint die Ausbildung eines negativen intraoralen Druckes mit der Öffnung des oberen Ösophagussphinkters assoziiert zu sein.


Text

Einleitung

Die orale Phase des Schluckaktes wird bislang nicht vollständig verstanden. Postuliert wird eine koordinierte Aktivität verschiedener Muskeln, wobei der Zunge eine große Bedeutung zukommt [1].

Hintergrund

Eine Untersuchung des Schluckvorganges mittels Manometrie beruht auf dem biofunktionellen Modell nach Engelke [2]. Dieses erlaubt den Schluckakt als einen Vorgang aufzufassen, bei dem es zur Verschlussbildung intraoraler Funktionsräume mit der Bildung von negativen intraoralen Druckamplituden kommt [3]. Welche Rolle die Ausbildung von Druckgradienten für den Schluckakt hat, ist derzeit jedoch noch nicht ausreichend untersucht [4].

Material und Methoden

Über einen Vakuum-Aktivator (Silencos Bredent, Senden), der an einen Drucksensor (GDUSB1000 Greisingen, Erlangen) mit einer Messfrequenz von 1 KHz angeschlossen wurde, erfolgte eine Messung des subpalatinalen Druckes (Abbildung 1 [Abb. 1]). Drei verschiedene Schluckbedingungen wurden untersucht: primäres Saugen vor dem Schlucken (Test I), Schlucken nach Gabe eines Bolus Wasser (Test II) und nach Gabe eines Bolus Brei (Test III). Eingeschlossen wurden 52 gesunde Probanden, bei klinisch eine Schluckstörung sowie eine behinderte Nasenatmung oder eine Okklusionsstörung ausgeschlossen wurden.

Anschließend erfolgte bei drei der Probanden eine Darstellung des Schluckaktes in sagittaler Ebene mit Hilfe der dynamischen Magnetresonanz-Tomografie mit einer Bildfrequenz von 25 Bildern pro sec mit dem 3 Tesla MRT-System (Siemens Healthcare AG, Erlangen) und einer gleichzeitigen intraoralen Druckmessung im Liegen. Als Bolus wurde Ananassaft verwendet, der mit Stärkepulver („Quick & Dick“) angedickt wurde.

Ergebnisse

Bei allen 52 Probanden konnte unter den drei Schluckbedingungen ein negativer Druck subpalatinal aufgezeichnet werden. Dabei fanden sich beim primären Saugen extrem hohe negative Druckamplituden mit einem Medianwert von –279 mbar und einer medianen Dauer von 5,7 sec (Abbildung 2 [Abb. 2]). Demgegenüber waren die Amplituden des intraoral gemessenen Druckes nach der Gabe von Wasser mit einem Medianwert von –24,2 mbar und nach Gabe von Brei von –28,4 mbar deutlich geringer mit einer Amplitudendauer von 1,7 sec versus 1,3 sec im Median.

Desweiteren zeigten sich deutliche Unterschiede im Schluckprofil abhängig von der Art der Bolusgabe und der Boluskonsistenz. So zeigte sich beim Saugtest eine hohe intra- und interindividuelle Übereinstimmung der Druckkurven, während nach Bolusgabe interindividuelle Unterschiede zutage traten. So ließen sich im Test II zwei verschiedene Kurvenmorphologien aufzeichnen: 64% der Probanden zeigten eine plateauartige Kurve mit hohen Drücken, 36% nur niedrige Drücke. Beim Brei- Bolus fand sich eine komplexere Kurvenmorphologie, wobei 57,7% der Probanden nur niedrige Drücke aufbauten.

Diskussion

Unsere Ergebnisse bestätigen das Vorkommen negativer intraoraler Druckamplituden während des Schluckens. Dabei scheint die Ausbildung eines negativen intraoralen Druckes mit der Öffnung des oberen Ösophagussphinkters assoziiert zu sein.

Die neuen hochauflösenden magnetresonanztomographischen Filmaufnahmen in Echtzeit und mit hoher Bildfrequenz können dazu beitragen, die anatomischen und physiologischen Grundlagen dieses negativen Druckes während des oralen Schluckaktes besser zu verstehen [5]. Zur Verifizierung der Ergebnisse sind Untersuchungen an einem größeren Kollektiv erforderlich.


Literatur

1.
Kennedy D, Kieser J, Bolter C, Swain M, Singh B, Waddell JN. Tongue pressure patterns during water swallowing. Dysphagia. 2010;25:11-9. DOI: 10.1007/s00455-009-9223-2 External link
2.
Engelke W, Mendoza M, Repetto G. Preliminary radiographic observations of the tongue-repositioning manoeuvre. Eur J Orthod. 2006;28:618-23. DOI: 10.1093/ejo/cjl051 External link
3.
Nilsson Nilsson H, Ekberg O, Olsson R, Kjellin O, Hindfelt B. Quantitative assessment of swallowing in healthy adults. Dysphagia. 1996;11:110-6. DOI: 10.1007/BF00417900 External link
4.
Engelke W, Jung K, Knösel M. Intra-oral compartment pressures: a biofunctional model and experimental measurements under different conditions of posture. Clin Oral Investig. 2011;15:165-76. DOI: 10.1007/s00784-009-0367-0 External link
5.
Uecker M, Zhang S, Voit D, Karaus A, Merboldt KD, Frahm J. Real-time MRI at a resolution of 20 ms. NMR Biomed. 2010;23:986-94. DOI: 10.1002/nbm.1585 External link