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Übersehene Diagnosen in der Frühphase der Schwerverletztenversorgung - Diagnostische Effizienz und Kontext
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Published: | October 18, 2011 |
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Fragestellung: Durch die Implementierung von Traumazentren, Schockraum(SR)-Managementkonzepten, damage control surgery und die Integration von Ganzkörper-CT-Diagnostik in der Frühphase der Traumaversorgung konnte die Mortalität von schwerverletzten Patienten signifikant reduziert werden. Dennoch werden weiterhin Verletzungen initial übersehen. In dieser Studie wurde die diagnostische Effizienz in der Frühphase der Traumaversorgung anhand von übersehenen Diagnosen und die Umstände hierfür untersucht.
Methodik: Retrospektiv wurden in 111 SR-Patienten initial übersehene Diagnosen dokumentiert. „Primäre Diagnosen“, die nach SR-Phase mit unmittelbarer Auswertung der CT-Diagnostik gestellt wurden, wurden mit „Sekundären Diagnosen“, die nach ausführlicher Durchsicht des CT-Datensatzes gestellt wurden, und mit den Entlassdiagnosen verglichen. Um den Kontext, in dem Diagnosen übersehen wurden, zu evaluieren, wurden folgende Parameter untersucht: Injury Severity Score (ISS), Unfallmechanismus, Zeit und Wochentag der Aufnahme, diagnostische und operative Maßnahmen, Zeit auf Intensivstation, Dauer des stationären Aufenthaltes und innerklinische Sterblichkeit.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: 73% aller Patienten erreichten den SR in der Bereitschaftsdienstzeit. In der SR-Phase werden bei 25% der Patienten Diagnosen übersehen. Nach ausführlicher Durchsicht des CT-Datensatzes wurden noch in 12% der Patienten Diagnosen nicht gestellt. Die Hälfe aller übersehenen Diagnosen sind in diesen Phasen kaum diagnostizierbar, die andere Hälfe wurde als akzeptabel gewertet. 9% mehr Patienten mit übersehenen Diagnosen finden sich in der Gruppe derer, die den SR in der Bereitschaftsdienstzeit erreichten. Bei Patienten mit übersehenen Diagnosen fand sich eine signifikant höhere Verletzungsschwere als bei Patienten, bei denen keine Diagnosen übersehen wurden.
Trotz Verbesserung der Diagnostik in der Frühphase der Traumaversorgung werden weiterhin Diagnosen übersehen. Schwerverletzte Patienten mit lebensbedrohenden oder potentiell lebensbedrohenden Verletzungen (Polytraumata), die den SR in der Bereitschaftsdienstzeit erreichen, haben ein höheres Risiko für die verzögerte Erkennung von Verletzungen. Sowohl die ausführliche Durchsicht des CT-Datensatzes als auch wiederholte klinische Untersuchungen sind essentiell um Verletzungen nicht zu übersehen.