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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Effekte eines ärztlichen Betreuungs- und Behandlungsnetzwerkes für Demenzpatienten auf die Konsultation von Fachärzten und die Einnahme von Antidementiva: Ergebnisse der prospektiven IDemUck-Studie

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Konstanze Fendrich - Institut für Community Medicine, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • author Claudia Meinke - Institut für Community Medicine, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • author Thomas Fiß - DZNE, Greifswald, Deutschland
  • Stefan Weiß - Institut für Community Medicine, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • Romy Heymann - Institut für Community Medicine, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • author Wolfgang Hoffmann - Institut für Community Medicine, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf067

doi: 10.3205/11dkvf067, urn:nbn:de:0183-11dkvf0671

Published: October 12, 2011

© 2011 Fendrich et al.
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Text

Hintergrund: Im Interdisziplinären Betreuungs- und Behandlungsnetz für Demenzpatienten im Landkreis Uckermark (IDemUck) bilden die Fachabteilungen der regionalen Krankenhäuser, niedergelassene Haus- und Fachärzte, Pflegende und Angehörige von Sozialberufen ein Netzwerk zur Früherkennung und Begleitung von Demenzpatienten. Durch eine definierte Aufgabenverteilung und abgestimmte Behandlungspfade innerhalb des fachübergreifenden Netzwerkes sollen eine frühzeitige Diagnosestellung der Demenzerkrankung und eine Optimierung der demenzspezifischen Arzneimitteltherapie erfolgen.

Ziel der IDemUck-Studie war es, die Auswirkungen der Arbeit des Netzwerkes hinsichtlich der Einnahme von Antidementiva sowie der Konsultation eines Facharztes (Neurologe, Psychiater) patientenbezogen zu evaluieren.

Material und Methoden: Die IDemUck-Studie ist eine cluster-randomisierte kontrollierte prospektive Studie mit N=235 Demenzpatienten (Interventionsgruppe: N=118, Kontrollgruppe: N=117) und deren betreuenden Angehörigen (N=184). Eingeschlossen wurden noch in der Häuslichkeit lebende Patienten mit einem DemTect-Wert von ≤8 Punkten und einem GDS-Wert von ≤10 Punkten. Die Patienten der Interventionsgruppe wurden entsprechend den Algorithmen des Netzwerkes, diejenigen der Kontrollgruppe entsprechend des „care as usual“ Ansatzes behandelt. Alle Patienten und Angehörigen wurden mit einem standardisierten Interview durch spezifisch geschultes Studienpersonal befragt. Die Inhalte des Interviews umfassten u.a. die Soziodemographie, Inanspruchnahme und Medikation der Demenzpatienten. Die Datenerhebungen erfolgten zur baseline sowie zum 6- bis 12-Monats-follow-up. Für die Auswertung wurden, sofern vorhanden, die Angaben der Angehörigen zur Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen genutzt, in den Fällen von allein lebenden Demenzpatienten deren eigene Angaben.

Ergebnisse: Von den hinsichtlich Demenzverdacht positiv gescreenten Probanden erfüllten N=235 alle weiteren Einschlusskriterien und nahmen an der Studie teil (Response: 82,5%, Alter: 55–100 Jahre). Zum Zeitpunkt der baseline-Erhebung bestanden keine Unterschiede zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe hinsichtlich des kognitiven und soziodemografischen Status und der Medikation.

Die Inanspruchnahme eines Neurologen innerhalb von sechs Monaten vor dem Befragungszeitpunkt lag zu beiden Messzeitpunkten in der Interventionsgruppe deutlich höher als in der Kontrollgruppe (baseline: 46,4% vs. 20,8%, p<0.01; follow-up: 24,4% vs. 10,9%; p<0.05). In der Interventionsgruppe stieg der Anteil von Probanden, die ein Antidementivum einnahmen von 26,5% (baseline) auf 51,6% (follow-up), in der Kontrollgruppe hingegen nur von 27,1% auf 35,9% (p<0.05). Durch das Netzwerk konnten keine signifikanten Effekte auf die insgesamt sehr niedrige Heimeinweisungsrate, Inanspruchnahme von Ergotherapie oder Physiotherapie erzielt werden.

Schlussfolgerung: IDemUck ist eine der wenigen Studien, die in einem prospektiven kontrollierten randomisierten Design die Effekte strukturierter Behandlungsalgorithmen auf Patienten mit Demenz und deren Angehörige in Deutschland ergebnisbasiert untersucht hat. Die IDemUck-Studie liefert wichtige Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung der Netzwerkarbeit, aber auch für die Ausgestaltung weiterer neuartiger Versorgungskonzepte für Demenzerkrankte. Für zukünftige Studien wünschenswert ist ein längerer follow-up Zeitraum, um beispielsweise Effekte der Netzwerkarbeit auf die Heimübertrittsrate analysieren zu können.

Die Evaluationsstudie wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen der Leuchtturmprojekte Demenz finanziell gefördert.