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Polypharmazie, Arzneimittel-bezogene Probleme und potenziell inadäquate Medikation in der getABI-Kohorte älterer Patienten
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Published: | October 12, 2011 |
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Hintergrund: Aufgrund pharmakologischer Effekte und eines erhöhten Risikos für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) gelten bestimmte Arzneimittel als potenziell inadäquat (PIM) für ältere Menschen. Die an den deutschen Arzneimittelmarkt und Verordnungsgewohnheiten angepasste PRISCUS-Liste beinhaltet 83 potenziell inadäquate Medikamente für ältere Menschen [1]. Sie führt neben Therapiealternativen auch zusätzliche Medikationsempfehlungen wie Monitoring-Parameter und Dosierungsanpassungen auf, falls der PIM-Gebrauch nicht vermeidbar ist. Mit Hilfe der PRISCUS-Liste sollte der Gebrauch potenziell inadäquater Medikamente bei älteren Patienten der getABI-Kohorte [2] analysiert werden.
Material und Methoden: Demographische Daten, Erkrankungen, aktuelle Medikation und selbst-berichtete UAWs wurden im 7-Jahres Follow-up von 1937 Patienten der getABI-Kohorte (78±4 Jahre, 53% Frauen) in Telefoninterviews erfasst. Der Medikamentengebrauch wurde im Hinblick auf Polypharmazie (≥5 Arzneimittel), Häufigkeit potenziell inadäquater Medikamente nach PRISCUS-Liste und ihr Zusammenhang mit selbst-berichteten Beschwerden, Lebensqualität (QoL) mittels EQ5D und UAWs untersucht. Der Zusammenhang zwischen Stürzen und Medikation wurde sowohl mittels PRISCUS-Liste als auch FRID (fall-risk increasing drugs; [3], [4] überprüft. Die univariate und multivariate logistische Regressionsanalyse u.a. mit den Einflussfaktoren Geschlecht, Altersgruppen und Polypharmazie erfolgte mittels SAS (Version 9.1).
Ergebnisse: Die Patienten der getABI-Kohorte nahmen zum Zeitpunkt des Interviews im Mittel 6±3 Arzneimittel. 64% der Patienten erhielten 5 oder mehr Medikamente. Bei 329 (17%) Patienten konnte der Gebrauch von PIM gemäß PRISCUS-Liste ermittelt werden. Die häufigsten PIM-Arzneimittel waren Acetyldigoxin, Doxazosin und Amitriptylin. Die häufigsten PIM-Arzneistoffklassen waren Psychoanaleptika (N06), Herztherapeutika (C01) und Psycholeptika (N05). Der PIM-Gebrauch steht statistisch signifikant mit Polypharmazie und häufigen Arztbesuchen in Zusammenhang. Patienten mit PIM-Gebrauch gaben häufiger Beschwerden wie Schlafstörungen (OR 1.7, KI 1.3–2.1), Schwindel (OR 1.6, KI 1.2–2.1), Inkontinenz (OR 1.6, KI 1.2–2.1) und Obstipation (OR 1.4, KI 1.1–2.0) sowie eine schlechtere QoL (OR 1.8, KI 1.4–2.3) an als Patienten ohne PIM. Zwischen Stürzen und Medikation konnte in der multivariaten Analyse weder ein Zusammenhang hinsichtlich PRISCUS-Medikation (OR 0.9, KI 0.6–1.2) noch sog. FRIDS (OR 0.9, KI 0.7–1.3) ermittelt werden.
Schlussfolgerung: 64% der untersuchten Kohorte sind von Polypharmazie betroffen, 17% wenden ein PIM an. Die ermittelte PIM-Prävalenz ist vergleichbar zu anderen europäischen Ländern [5]. Im Gegensatz zu anderen Studien [6] konnte kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen PIM und Stürzen ermittelt werden, allerdings auch nicht mit sog. FRID. Jedoch war der Gebrauch von PIM mit subjektiven Beschwerden und reduzierter Lebensqualität assoziiert.
Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Förderkennzeichen 01ET0720 und 01ET0721.
Literatur
- 1.
- Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potentially inappropriate medication in the elderly - PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int. 2010;107:543-51.
- 2.
- Diehm C, Allenberg JR, Pittrow D, Mahn M, Tepohl G, Haberl RL, Darius H, Burghaus I, Trampisch HJ; for the German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index Study Group. Mortality and vascular morbidity in older adults with asymptomatic versus symptomatic peripheral artery disease. Circulation. 2009;120:2053-61.
- 3.
- Cooper JW, Burfield AH. Medication interventions for fall prevention in the older adult. J Am Pharm Assoc. 2009;49: e70–e84.
- 4.
- Velde vd N, Stricker BHC, Pols HAP, Cammen vd TJM. Risk of falls after withdrawal of fall-risk-increasing drugs: a prospective cohort study. Br J Clin Pharmacol. 2006;63:232–7.
- 5.
- Fialová D, Topinková E, Gambassi G, Finne-Soveri H, Jónsson PV, Carpenter I, Schroll M, Onder G, Wergeland Sørbye L, Wagner C, Reissigová J, Bernabei R; for the AdHOC Project Research Group. Potentially inappropriate medication use among elderly home care patients in Europe. JAMA. 2005;293:1348-58.
- 6.
- Berdot S, Bertrand M, Dartigues JF, Fourrier A, Tavernier B, Ritchie K, Alpérovitch A. Inappropriate medication use and risk of falls – A prospective study in a large community-dwelling elderly cohort. BMC Geriatr. 2009;9:30.