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Geschlechtsspezifische Unterschiede in Wirksamkeit und Sicherheit medikamentöser Behandlungen: ein Umbrella Review
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Published: | March 23, 2011 |
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Hintergrund: Epidemiologische Studien belegen Unterschiede in Inzidenz, Risiko und Prognose von Erkrankungen zwischen Männern und Frauen. Ob geschlechtsspezifische Unterschiede einen Einfluss auf die Wirksamkeit und Sicherheit medikamentöser Behandlungen haben, ist aber weniger klar. Das Ziel unseres Umbrella Reviews war es festzustellen, ob klinisch relevante Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf Nutzen und Schaden häufig verordneter Medikamente vorhanden sind.
Material/Methoden: Basis unseres Umbrella Reviews waren alle verfügbaren systematischen Reviews des Oregon Drug Effectiveness Review Project (DERP) zu insgesamt 35 Medikamentenklassen. Zwei Personen durchsichteten unabhängig voneinander alle Reviews um relevante Studien zu identifizieren. Daten bezüglich Effektmodifikation durch Geschlecht wurden dual extrahiert. Wir fassten die vorhandene Evidenz für jede Medikamentenklasse in Evidenzprofilen zusammen und beurteilten die Qualität der Evidenz nach GRADE (Grading of Recommendations Assessment, Development, and Evaluation) Kriterien.
Ergebnisse: Unsere Ergebnisse basieren auf 59 für die Fragestellung relevanten Studien und umfassen mehr als 250.000 PatientInnen. Diese Studien zeigen, dass für die Mehrheit der 35 eingeschlossenen Medikamentenklassen kein Unterschied in Bezug auf Wirksamkeit und Sicherheit zwischen Männern und Frauen besteht.
Es zeigten sich jedoch drei wichtige klinische Ausnahmen: Frauen zeigten eine geringere Response-Rate bei Antiemetika (45% vs. 58%; RR: 1.49, 95% CI 1.35–1.64) und brachen die Einnahme von Lovostatin aufgrund von Nebenwirkungen häufiger ab als Männer (3.2%–3.7% vs. 0.1%–0.9%). Bei Männern kam es durch die Einnahme von Paroxetine zur Behandlung von Depression häufiger zu sexueller Dysfunktion als bei Frauen.
Für zahlreiche Medikamente war die vorhandene Evidenz jedoch fehlend oder unzureichend, um klare Aussagen über geschlechtsspezifische Unterschiede treffen zu können.
Schlussfolgerung/Implikation: Die vorhandene Evidenz deutet darauf hin, dass Geschlecht, mit wenigen Ausnahmen, kein Faktor ist, der bei der Verschreibung von Medikamenten bedacht werden muss.
Limitationen unserer Arbeit sind, dass sich nicht alle Medikamentenklassen in den DERP-Reporten finden und viele der dort eingeschlossenen Studien keine geschlechtsspezifischen Informationen beinhalten.