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Fallpauschalenentwicklung in der rekonstruktiven Mammachirurgie
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Published: | September 10, 2012 |
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Fragestellung: Diagnosis-Related Group (DRG) wird seit 2004 als medizinisch-ökonomisches Klassifikationssystem in Deutschland verwendet. Wir untersuchten die rekonstruktive Chirurgie nach Mammakarzinom auf Veränderungen im Fallpauschalensystem in den letzten 6 Jahren.
Methoden: Anhand von Daten der Kalkulationskrankenhäuser wurden ein- bzw. zweizeitige gestielte und freie Lappenplastiken sowie die Rekonstruktion durch alloplastisches Material hinsichtlich deren Verweildauern, Erlöse, Kosten und Gewinne analysiert.
Ergebnisse: Die größten Gewinnmargen ergeben sich bei den freien Perforatorlappenplastiken, welche in den letzten Jahren rund dreimal höher als bei der alloplastischen Rekonstruktion und den gestielten Lappen liegen. Erstmalig erfolgte eine Berücksichtigung der Teuerungsrate, da die der Erlösberechnung zugrundeliegenden Kostendaten in der Vergangenheit liegen. Trotz durchschnittlich steigender Gewinne blieben inflationsbedingte entgangene Gewinne von bis zu 574€ pro Fall unberücksichtigt. Entgegen den aktuellen medizinischen Leitlinien werden weder die einzeitige Rekonstruktion der Brust mittels Eigengewebe noch der beidseitige Wiederaufbau erlöstechnisch berücksichtigt.
Schlussfolgerungen: Zwar ist eine differenziertere Fallpauschalenabbildung im Zeitverlauf aufgetreten, die rekonstruktive Mammachirurgie bleibt jedoch ein klassisches Beispiel dafür, dass medizinische Standards nicht oder nur zögerlich abgebildet werden. Da die Wahl des operativen Vorgehens zunehmend durch Kräfte des freien Marktes beeinflusst wird, besteht somit eine hohe Gefahr der ökonomischen Selektion im Widerspruch zu klinischen Empfehlungen. Das deutsche Fallpauschalensystem kann nunmehr 9 Jahre nach dessen Einführung deshalb kaum als lernendes oder schnell anpassungsfähiges System bezeichnet werden.