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GMDS 2012: 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

16. - 20.09.2012, Braunschweig

Schätzung der Inzidenz seltener Erkrankungen aus Prävalenz-Daten: Machbarkeitsstudie am Beispiel des Systemischen Lupus Erythematodes (SLE)

Meeting Abstract

  • Ralph Brinks - Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Deutschland
  • Rebecca Fischer-Betz - Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Deutschland
  • Matthias Schneider - Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Deutschland
  • Guido Giani - Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Deutschland

GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds178

doi: 10.3205/12gmds178, urn:nbn:de:0183-12gmds1784

Published: September 13, 2012

© 2012 Brinks et al.
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Einleitung und Fragestellung: Epidemiologische Daten zu seltenen Erkrankungen sind oftmals nicht oder allenfalls spärlich vorhanden. Die Schätzung der Inzidenz aus Routinedaten ist nur selten zuverlässig möglich [1]. Im Gegensatz dazu bereitet die Erhebung von Prävalenzen aus Routinedaten weniger Probleme und ist leichter möglich. In dieser Arbeit wird eine neue Methode zur Ableitung der Inzidenz aus Prävalenzdaten am Beispiel des SLE untersucht.

Material und Methoden: Altersspezifische Inzidenzdaten (0–90 Jahre in 5-Jahres-Klassen) eines britischen Hausarzt-Registers mit einer Stichprobengröße von ca. 3 Mio. Personen [2] werden benutzt, um mit einer stochastischen Differentialgleichung (SDGL) Prävalenzdaten zu simulieren [3]. Neben den Inzidenzdaten benötigt die SDGL die altersspezifische Mortalität der Normalbevölkerung [4] und der Erkrankten [5]. Ergebnis der Simulation sind 5.000 mögliche Verläufe der Prävalenz im entsprechenden Altersbereich, die konsistent zu den Inzidenzdaten des Registers sind. Nach Spline-basierter Glättung wird für jeden der 5.000 Prävalenzverläufe ein von uns entwickeltes Verfahren zur Rekonstruktion der altersspezifischen Inzidenz angewendet [6]. Die tatsächlichen Inzidenzraten des Hausarzt-Registers werden mit den abgeleiteten Inzidenzraten verglichen.

Ergebnisse: Die Abweichung zwischen gemessener und rekonstruierter Inzidenz zeigt eine starke Altersabhängigkeit. In den Altersklassen 25–70 Jahren liegt der mittlere Fehler der Inzidenzschätzung zwischen -6 und 6%. Die Inzidenzraten der anderen Altersklassen werden im Mittel überschätzt, am stärksten in der niedrigsten und höchsten Altersklasse, wo eine mittlere Überschätzung um einen Faktor 7.7 bzw. 3.5 eintritt.

Diskussion: Das SDGL-Modell für seltene Erkrankungen legt nah, dass die möglichen Altersverläufe der Prävalenz, die mit der in die Simulation eingegangenen Inzidenzdaten konsistent sind, stark variieren können. Entsprechend schwierig ist eine zuverlässige Rekonstruktion der Inzidenz aus den Prävalenzverläufen. Neben den starken Variationen hat das Verfahren aus [6] die methodische Einschränkung, dass es keine kalenderzeitlichen Trends und keine Abhängigkeit der Mortalität von der Krankheitsdauer berücksichtigen kann. Darüber hinaus zeigt eine Sensitivitätsanalyse, dass die Ergebnisse in hohen und niedrigen Altersklassen stark von der Mortalität der Erkrankten abhängen, die in [5] nur für drei Altersstrata (<40, 40–59, >60 Jahre) gegeben ist. Es zeigt sich jedoch insgesamt, dass die Abweichungen in den Altersklassen dort am geringsten sind, wo die meisten prävalenten Fälle auftreten. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass das Verfahren einen brauchbaren Ansatz liefert, um für die Praxis geeignete Schätzungen der Inzidenz zu bekommen.


Literatur

1.
Abbas S, Ihle P, Köster I, Schubert I. Estimation of Disease Incidence in Claims Data Dependent on the Length of Follow-Up: A Methodological Approach. Health Serv Res. 2011. DOI: 10.1111/j.1475-6773.2011.01325.x External link
2.
Somers EC, Thomas SL, Smeeth L, Schoonen WM, Hall AJ. Incidence of systemic lupus erythematosus in the United Kingdom, 1990–1999. Arthritis Rheum. 2007;57(4):612-8.
3.
Brinks R, Landwehr S, Icks A, Koch M, Giani G. Relation between incidence, prevalence and mortality in terms of a stochastic differential equation – formulation and application to renal replacement therapy. In: 2nd Conference of the Central European Network – CEN 2011. p. 137
4.
Office for National Statistics. Population Estimates Quinary Age Groups for UK Constituent Countries – Mid-1971 to Mid-2010, updated on December 21st, 2011. Available from: http://www.ons.gov.uk [cited 12.01.2012] External link
5.
Bernatsky S, Boivin JF, Joseph L, et al. Mortality in systemic lupus erythematosus. Arthritis Rheum. 2006;54(8):2550-7.
6.
Brinks R, Landwehr S, Icks A, Koch M, Giani G. Deriving the incidence of an incurable disease from its prevalence. In: GMDS-Jahrestagung 2010. Available from: http://www.gmds2010.de/cms/wordpress/wp-content/uploads/folien/158.pdf External link