gms | German Medical Science

GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Rückenschmerz in Deutschland – Eine retrospektive Tiefenanalyse auf Deutschen Sekundärdaten

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Sebastian Kloss - Pfizer Deutschland GmbH, Berlin, DE
  • Friedhelm Leverkus - Pfizer Deutschland GmbH, Berlin, DE
  • Edin Basic - Elsevier Health Risk Analytics, Berlin, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.115

doi: 10.3205/13gmds164, urn:nbn:de:0183-13gmds1641

Published: August 27, 2013

© 2013 Kloss et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Outline

Text

Einleitung und Fragestellung: Schmerzen gehören zu den größten Volkskrankheiten. Vor allem Rückenschmerzen (RS) sind in Deutschland hochprävalent. Die höchste Jahresprävalenz liegt bei Frauen in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen bei 68,3%, bei Männern weisen 40- bis 65-Jährige eine maximale Jahresprävalenz von 59,2% auf [1]. Damit gehört der Rückenschmerz in Deutschland zu den häufigsten und teuersten Krankheiten. Ziel der Datenbankstudie war es, anhand von Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) die Höhe der durch RS verursachten (Behandlungs-) Kosten zu schätzen, sowie die Identifikation von Faktoren, die einen starken Einfluss auf die Höhe der krankheitsspezifischen Kosten haben. Der Analysezeitraum umfasste die Jahre 2006-2010.

Material und Methoden: Der Datenbankstudie lagen Sekundärdaten von ca. 6.5 Mio. Deutschen GKV-Versicherten zugrunde. Aus dieser Population wurden 326.404 Patienten mit inzidenten Rückenschmerzdiagnosen in 2007 und 2008 (ambulant und/oder stationär) identifiziert. Um RS assoziierte Kosten zu berechnen, wurde für die Rückenschmerzpopulation eine komorbiditätsadjustierte Kontrollgruppe ohne Rückenschmerz im gesamten Analysezeitraum gebildet. Hierfür wurden im Jahr vor Diagnose relevante Informationen zu den Patienten erfasst. In einem Propensity Score (PS) Modell mit ca. 740 Kovariablen wurde die Wahrscheinlichkeit modelliert, RS zu erleiden. Eine nach PS gemachte Kohorte ergab eine vergleichbare Komorbiditätsstruktur zwischen Patienten mit und ohne RS. Die Gesamtleistungskostendifferenz zwischen den beiden Gruppen im Jahr der Diagnose und den Folgejahren, konnten als direkte RS-Kosten angesehen werden. Die Kostenentwicklung diente als Surrogat für die Höhe der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen und des Chronifizierungsrisikos [2], [3]. Gesamtleistungskosten waren definiert als ambulante, stationäre, Arzneimittel- sowie Heil- und Hilfsmittelkosten. Im zweiten Schritt wurden die wichtigsten Einflussfaktoren auf RS-Kosten mittels Clustering-Verfahren identifiziert. Hierbei wurde nach Demographie, Komorbiditäten, Medikationen sowie weiteren Variablen für die Beschreibung des Gesundheitszustandes unterschieden. Die Menge potentieller Einflussfaktoren wurde definiert als Kovariablen mit signifikantem Einfluss im PS-Modell.

Ergebnisse: Nach Extremwertbereinigung und Berechnung des PS-Modells konnten 293.677 Patienten mit RS gematcht werden. Anschließend wurde die Matchingqualität beurteilt und die RS spezifischen Kosten berechnet. In der Gesamtkohorte ergaben sich im Mittel direkte Kosten von ca. 1.500€ pro Patient über drei Jahre. Aus einer genaueren Unterscheidung in drei definierte Kostengruppen (A: hoch – 5%, B: mittel – 20%, C: niedrig – 75%) ergaben sich pro Patient im Mittel dreijährige RS-Kosten von ca. 18.450€ (A), ca. 6.192€ (B) und kaum messbare Kosten für Gruppe C. Eine Prädiktorenanalyse für Patienten der Gruppe B lieferte neben signifikanten demographischen Einflüssen auch fünf deckungsgleiche Diagnose- und Medikationscluster für die Krankheitsbilder: 1) Depression, 2) Herzinsuffizienz und Bluthochdruck, 3) Asthma und COPD, 4) Arteriosklerose sowie 5) Osteoarthrose und Osteoporose.

Diskussion: Analysen von krankheitsspezifischen Kosten können für die Beschreibung des Gesundheitszustandes eines Patienten genutzt werden. Hohe Kosten korrelieren stark mit einem schweren Krankheitsverlauf. Diese sind jedoch ebenfalls abhängig vom Gesundheitsstatus und bedingen bei genauer Beschreibung einer RS-Population eine Einteilung in spezifischere Gruppen. Ein kleiner Teil der Patienten (5%) sorgt dabei für einen Großteil der RS assoziierten Kosten. Hier lässt sich schlussfolgern, dass Patienten mit vielen Komorbiditäten auch ein hohes Risiko für die Chronifizierung des RS aufweisen. Welche Faktoren den größten Einfluss auf die Chronifizierung des RS haben, wurde in den Analysen aufgezeigt.


Literatur

1.
Robert Koch Institut (RKI) 2003
2.
Ivanova JI, Birnbaum HG, Schiller M, Kantor E, Johnstone BM, Swindle RW. Real-world practice patterns, health-care utilization, and costs in patients with low back pain: the long road to guideline-concordant care. Spine J. 2011 Jul;11(7):622-32. DOI: 10.1016/j.spinee.2011.03.017. Epub 2011 May 20. External link
3.
Wenig CM, Schmidt CO, Kohlmann T, Schweikert B. Costs of back pain in Germany. Eur J Pain. 2009 Mar;13(3):280-6. doi: 10.1016/j.ejpain.2008.04.005. Epub 2008 Jun 3. External link
4.
Flothow A, Zeh A, Nienhaus A. Unspecific back pain - basic principles and possibilities for intervention from a psychological point of view. Gesundheitswesen. 2009 Dec;71(12):845-56. DOI: 10.1055/s-0029-1192028. Epub 2009 Jun 23. External link