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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

GerOSS (German Obstetric Surveillance System) ein webbasierter Ansatz zur Qualitätsentwicklung bei seltenen Geburtskomplikationen

Meeting Abstract

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  • S. Berlage - Ärztekammer Niedersachsen, Hannover
  • S. Grüßner - Frauenklinik in der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main
  • H.B. Franz - Frauenklinik im Städtischen Klinikum Braunschweig, Braunschweig

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 371

doi: 10.3205/14gmds216, urn:nbn:de:0183-14gmds2166

Published: September 4, 2014

© 2014 Berlage et al.
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Hintergrund/Fragestellung: Schwierige aber seltene Ereignisse in der Geburtshilfe (z.B. Eklampsie/HELLP, Uterusruptur) werden im GerOSS-Projekt (German Obstetric Surveillance System) analysiert, um Informationen zu Inzidenzen, prädiktiven Faktoren, Outcome und Versorgungsstrategien zu erhalten. Im GerOSS-Projekt soll untersucht werden, ob es gelingt, mit diesem neuen Ansatz Präventions- und Detektionsstrategien weiter zu entwickeln und die maternale Betreuung zu optimieren. Ein Vergleich der Ergebnisse in einem internationalen Netzwerk INOSS (International Network of Obstetric Surveillance Systems) bringt weitere Erkenntnisse zur Versorgung.

Das GerOSS-Projekt wird in Kooperation mit der Bayerischen Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der stationären Versorgung durchgeführt und von der Qualitätsinitiative (Niedersächsischer Verein zur Förderung der Qualität im Gesundheitswesen e.V.) gefördert.

Folgende konkrete Fragestellungen sollen im GerOSS-Projekt beantwortet werden:

  • Kann GerOSS Erkenntnisse liefern, um das geburtshilflchen Behandlungs- u. Überleitungsmanagement zu optimieren? (-> Empfehlungen,Informationsplattform),
  • Können Risikoprofile ermittelt werden? (-> Präventionsstrategien, „Frühwarnsystem"),
  • Ist es möglich, Inzidenzen für diese seltenen Ereignisse zu berechnen?

Methodik: GerOSS ist ein internetbasiertes System zur Meldung und Erfassung seltener geburtshilflicher Ereignisse über einen definierten Zeitraum von 2-3 Jahren. Seit Projektstart 2010 nehmen Frauenkliniken aus Niedersachsen (NDS), Bayern (BAY) und Berlin (BER) freiwillig am Projekt teil. Die Teilnehmer erhalten monatlich eine automatische Aufforderung (per E-Mail), retrospektiv die aufgetretenen Fälle oder das Nicht-Auftreten eines Falles (Negativmeldung) zu melden. Die Negativmeldung ist wichtiger Bestandteil des Projektes zur Berechnung von Inzidenzen. Im Ereignisfall erfolgt eine komplexe Dokumentation der seltenen Ereignisse in einer webbasierten Anwendung. Sämtliche identifizierenden Datums- und Zeitangaben werden nach Prüfung auf Plausibilität entfernt (Datenanonymisierung). Eine detaillierte Fallanalyse erfolgt auf anonymer Basis und ergänzt die quantitativen Auswertungen. Die zeitliche Abfolge von Maßnahmen und das Behandlungsmanagement können detailliert von Experten beurteilt werden, so dass die Teilnehmer einen kommentierten Bericht als Feedback erhalten. Aggregierte Ergebnisse werden u.a. auf der GerOSS-Internet-Plattform zur Verfügung gestellt. Eine Einbindung der wissenschaftlichen Fachgesellschaft ist durch den wissenschaftlichen Beirat gegeben.

Ergebnisse: In NDS, BAY und BER kommen 245 Geburtskliniken zur Teilnahme am GerOSS-Projekt infrage. Diese Kliniken repräsentieren mit ~180.000 Geburten/Jahr ~30% aller Geburten in Deutschland. In NDS nehmen 99% der Kliniken am Projekt teil, in Bayern ca. 30% und in Berlin etwa 80%. erfasst. Ein Vergleich von Ergebnissen im INOSS ergab z.B. für das Ereignis „Eklampsie“ in NDS eine Inzidenz von 2,9:10.000 Geburten (UK 2,8:10.000/ NL 6,2:10.000) [1]. Ein Drittel der Schwangeren hatte mehr als einen Krampfanfall, bei 62% im stationären Umfeld. Die Frühgeburtlichkeit ist bei Eklampsie (GerOSS NDS: 48% [2]) 5fach erhöht gegenüber der Niedersächsischen Perinatalerhebung (NPE: 8,2% [3]). Analysen der Ergebnisse aus dem GerOSS-Modul Uterusruptur ergaben einen höheren Anteil älterer Schwangerer (36%) [4] gegenüber 23% in der NPE. Etwa drei Viertel der Schwangeren hatten vorher nur eine Entbindung, diese war in 90% ein Kaiserschnitt.

Diskussion/Schlussfolgerungen: Bereits zu diesem Zeitpunkt lassen sich Aussagen zu den Fragestellungen machen, die mit GerOSS beantwortet werden sollen. Es hat sich gezeigt, dass der neue Ansatz zur Qualitätsentwicklung von den Mitarbeitern in den Kliniken angenommen wird, das GerOSS-Projekt ist etabliert und in NDS wird bereits seit 2011 flächendeckend dokumentiert. Erste Berechnungen zu Inzidenzen können auf der Grundlage der niedersächsischen Daten 2011 und 2012 auf nationaler und internationaler Basis erfolgen. Es gibt erste Hinweise auf prädiktive Faktoren, die den Schwangerschaftsverlauf beeinflussen und z.B. die Entstehung einer Uterusruptur begünstigen. Dies gibt Anlass für weitere Detailanalysen, z.B. des Zeitintervalls von der vorausgegangenen Entbindung bis zum Ereignis Uterusruptur und des Geburtsmanagements (z.B. Einleitung der Geburt). Untersuchungen von seltenen Erkrankungen und Komplikationen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt können Informationen über ansteigende Risiken bei Schwangeren und das beste Behandlungsmanagement für diese Fälle liefern. Alle Berufsgruppen profitieren von den gewonnen Erkenntnissen sofern diese auch verbreitet werden. Es ist deshalb unbedingt notwendig, die Erkenntnisse zeitnah für alle verfügbar zu machen. Im GerOSS-Projekt wird dafür eine Internet-Plattform genutzt.


Literatur

1.
Schaap T, Knight M, Zwart J, Kurinczuk J, Brocklehurst P, van Roosmalen J, Bloemenkamp K. Eclampsia, a comparison within the International Network of Obstetric Survey Systems. BJOG. 2014 Mar 18. DOI: 10.1111/1471-0528.12712 External link
2.
Berlage S, Garnier Y, Franz HBG, Grüßner S. Eine Analyse der Eklampsien aus dem GerOSS-Projekt (German Obstetric Surveillance System) im internationalen Vergleich [Poster]. Kongress der Norddeutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 2013.
3.
Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen / Einrichtung der Ärztekammer Niedersachsen. Niedersächsische Perinatalerhebung (NPE) – Geburtshilfestatistik 2012. 2014. Verfügbar unter: https://www.aekn.de/zq-home/projekte/perinatalerhebung/download-statistiken/ External link
4.
GerOSS (German Obstetric Surveillance System). Ergebnisse aus den Jahren 2010-2013 der Uterusruptur im internationalen Vergleich [Vortrag]. Jahresversammlung der Niedersächsischen Perinatalerhebung 2014. Verfügbar unter: http://www.aekn.de External link