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Geisterfahrer im Mittelohr
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Published: | April 26, 2017 |
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Zusammenfassung
Einleitung: In der Literatur werden aberrante Verläufe des N. facialis mit einer Häufigkeit von 0,2 bis 2 % angegeben. In 3,2 bis 11,4 % fehlt hierbei die knöcherne Begrenzung des N. facialis. Ein prolabierender Nerv kann die ovale Nische überdecken und zu Destruktionen der Stapessuprastrukturen führen. Intratympanale Fehlverläufe des N. facialis sind oft mit anderen Fehlbildungen des Mittelohres assoziiert.
Methoden: Ein 55 jähriger Patient stellte sich mit einer kombinierten Schwerhörigkeit li. und v.a. Otosklerose zur elektiven Stapesplastik vor. Voroperationen oder Mittelohrerkrankungen lagen nicht vor. Die Ohrmikroskopie war unauffällig. Die Hörschwelle links lag um 60 dB bis 2 kHz, danach abfallend auf 100 dB bei 6 kHz mit einer Schallleitungskomponente zwischen 20 und 50 dB. Rechts bestand eine Normakusis.
Intraoperativ verlief der Nerv ohne knöcherne Bedeckung ventral der ovalen Nische. Es fanden sich rudimentäre, subluxierte Stapessuprastrukturen und normal große Ossikel. Nach präziser Verlagerung des Nervs wurde eine Stapedotomie der otosklerotisch fixierten Fußplatte durchgeführt. Eine Teflon-Platin Prothese wurde am langen Ambossfortsatz fixiert. Mittels Neuromonitoring konnte eine normale Funktion des N. facialis dokumentiert werden. Postoperativ betrug der air bone gap pantonal 0-5 dB.
Schlussfolgerung: Geringgradige Abweichungen der intratympanalen Facialisanatomie sind selten, aber erfahrenen Ohrchirurgen bekannt. Hierzu zählen u.a. die knöcherne Dehiszenz mit oder ohne Prolaps und die Doppelung des Nervs. Der dokumentierte, komplett atypische Verlauf des N. facialis auf der „verkehrten“ Seite des Stapes ist hingegen eine echte Rarität. Der eigene Fall zeigt, dass eine operative Hörverbesserung trotz der ausgeprägten Aberration optimal gelingen kann.
Der Erstautor gibt keinen Interessenkonflikt an.