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GMS Hygiene and Infection Control

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH)

ISSN 2196-5226

Antiseptische Wirksamkeit ausgewählter Wirkstoffe und von tissue tolerable plasma (TTP) auf C. albicans-Biofilme – hat der Reifegrad des Biofilms einen Einfluss?

Antiseptic efficacy of selected agents and tissue tolerable plasma (TTP) on C. albicans biofilms – has the biofilm maturity influence on it?

Originalarbeit

  • corresponding author Ina Koban - Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald, Deutschland
  • author Nils-Olaf Hübner - Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald, Deutschland
  • Rutger Matthes - Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald, Deutschland
  • Alexander Welk - Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald, Deutschland
  • Eckhard Kindel - Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V., Greifswald, Deutschland
  • Klaus-Dieter Weltmann - Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V., Greifswald, Deutschland
  • author Axel Kramer - Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald, Deutschland
  • Thomas Kocher - Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald, Deutschland

GMS Krankenhaushyg Interdiszip 2009;4(2):Doc09

doi: 10.3205/dgkh000134, urn:nbn:de:0183-dgkh0001347

Published: December 16, 2009

© 2009 Koban et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Orale Candidosen, insbesondere unter Prothesen, sind weit verbreitet. Daher wurde die antimykotische Wirksamkeit eines kalten Atmosphärendruckplasmas (tissue tolerable plasma, TTP) gegen unterschiedlich reife Candida albicans-Biofilme untersucht.

Methoden: Die Wirksamkeit ausgewählter Substanzen (Chlorhexidin, Natriumhypochlorit, Fluconazol) und von TTP gegen Biofilme, die 12 h (jung), 24 h und 48 h (reif) in Mikrotiterplatten wuchsen, wurde ermittelt.

Ergebnisse: Einminütige TTP-Behandlung zeigte über den gesamten Messzeitraum eine signifikante Verminderung der Biofilmbildung bei jungen und reifen Biofilmen gegenüber der unbehandelten Kontrolle. Neben TTP konnte nur Fluconazol die Biofilmbildung des jungen Biofilms langfristig reduzieren.

Schlussfolgerung: Der Reifegrad von Biofilmen hat einen Einfluss auf die antiseptische Wirksamkeit verschiedener Substanzen. Junge Biofilme sind sehr empfindlich, erholen sich allerdings sehr schnell. Reife Biofilme zeigen weniger ausgeprägte Effekte, die allerdings lang anhaltender sind. Die einminütige TTP-Anwendung reduziert die Biofilmbildung von jungen und reifen Biofilmen signifikant und könnte in Zukunft eine Alternative zur chemischen Antiseptik darstellen.

Schlüsselwörter: Wirksamkeit gegen in vitro Biofilme, Reifegrad und Empfindlichkeit des Biofilms, Antiseptik, Chlorhexidin, Natriumhypochlorit, Fluconazol, kaltes Atmosphärendruckplasma, tissue tolerable plasma

Abstract

Background: The formation of biofilms is crucial to the pathogenesis of many dental microbial infections. Oral candidosis are common and often found under removable partial dentures. Nonthermal atmospheric plasma (tissue tolerable plasma, TTP) was tested for its antimicrobial activity against different matured Candida albicans biofilms.

Methods: We assessed the efficacy of selected agents (chlorhexidine, sodium hypochlorite, fluconazol) and TTP against in vitro biofilms of C. albicans grown 12 h (young), 24 h and 48 h (mature) in microtiter plates.

Results: One minute TTP-treatment was shown to have significant effects on biofilm formation during the whole measurement period of young and mature biofilms. Only the effects of fluconazol and TTP could reduce formation of young biofilms for a longer period.

Conclusions: The maturity level of biofilms influences the antiseptic efficacy of different agents. Young biofilms are very sensitive to antimicrobial effects, but they recover from it very fast. Mature biofilms show lower but long-term effects. Single plasma treatment for 1 min reduces the formation of young as well as mature biofilms. For the future physical treatment by TTP may get an alternative to chemical antisepsis.

Keywords: efficacy against in vitro biofilms, maturity and sensitivity of biofilm, antisepsis, chlorhexidine, sodium hypochlorite, fluconazol, nonthermal atmospheric plasma, tissue tolerable plasma


Einleitung

Orale Candidosen sind opportunistische Infektionen der Mundhöhle von sehr unterschiedlicher klinischer Ausprägung (z. B. pseudomembranöse Candidose, erythematöse Candidose, Prothesenstomatitis, Cheilitis angularis) [1]. Candida albicans ist der häufigste Erreger oraler Candidosen [2] und kann auf der Mundschleimhaut dichte Matten bilden, die als infizierende Biofilme bezeichnet werden können [3]. Circa 40% der Gesamtbevölkerung und 75% der Menschen mit Zahnprothesen sind Träger von Candida albicans, bei 10% bis 75% der Prothesenträger entwickelt sich eine Prothesenstomatitis [4]. Auch außerhalb der Zahnmedizin verursacht Candida albicans z.B. durch zentrale Venenkatheter häufig Device-assoziierte Infektionen [5], [6], [7].

Die Biofilmbildung ist bei der Pathogenese der meisten Candidosen von großer Bedeutung. Candida albicans ist in der Lage, Oberflächen zu besiedeln und zu penetrieren. Die Fähigkeit der Penetration stellt einen seiner zentralen Virulenzfaktoren dar, weil dadurch die kommensale Schleimhautbesiedelung mit Candida Ausgangspunkt invasiver Infektionen werden kann. Nach Adhäsion z.B. an der Prothese sezerniert Candida albicans extrazelluläre Polysaccharide (EPS), die Grundlage für die Biofilmmatrix sind. Die extrazelluläre Matrix besteht neben Kohlenhydraten auch aus Proteinen und DNA und schützt die Zellen vor verschiedensten physikalischen und chemischen Umwelteinflüssen. Es wurde mehrfach bestätigt, dass Candida albicans-Biofilme resistenter gegenüber Antimykotika als planktonische Zellen sind [8], [9]. Untersuchungen verschiedener Wirkstoffkonzentrationen auf die Biofilm-Entwicklung zeigten, dass die Resistenz gegen Antimykotika in verschiedenen Phasen der Biofilm-Bildung ansteigt [10], [11].

Eine physikalische Alternative zur chemischen Antiseptik stellt der Einsatz von gewebekompatiblem Atmosphärendruckplasma (tissue tolerable plasma, TTP) dar. Dieses Plasma kann dosisabhängig mikrobiozid wirksam werden. Durch eine Mischung aus Photonen im UVA- und UVB-Bereich, reaktiven Spezies verschiedener Radikale und geladenen Teilchen hat Plasma antimikrobielle Eigenschaften und ist im Bereich gewebeverträglicher Temperaturen auch auf der Körperoberfläche anwendbar [12]. Im Unterschied zur chemischen Antiseptik kann dem Wundgewebe durch Anwendung von Plasma Energie zugeführt werden, was, ähnlich wie die Anwendung von wassergefiltertem Infrarot A, zur Förderung des Heilungsprozesses beitragen dürfte [13].

Sladek et al. behandelten 24 h-Biofilme von S. mutans 10 min mit Chlorhexidin und 60 s mit der Plasmanadel (1 mm Abstand zur Probe) und konnten nur nach wiederholter Plasmaanwendung eine gegenüber der Kontrolle leichte Wachstumshemmung messen. Chlorhexidin inhibierte das Wachstum dagegen vollständig [14].

Die Testung verschiedener dental verwendeter Chemikalien (Chlorhexidin, Natriumhypochlorit, Fluconazol) im Vergleich zu TTP auf unterschiedlich reifen Biofilmen von Candida albicans war Ziel dieser Arbeit.


Material und Methoden

Bakterienstamm/Biofilmbildung

Für die Untersuchungen wurde Candida albicans ATCC 10231 verwendet, der über eine starke Biofilmbildungskapazität verfügt [15].

Die Pilze wuchsen über Nacht auf Columbia-Blutagar (BBL™, BD, Heidelberg, Deutschland). Anschließend wurde eine Kolonie in 30 ml YPD Broth (Sigma, Steinheim, Deutschland) resuspendiert. Die Biofilme wurden direkt in 96-well-Mikrotiterplatten (Techno Plastic Products AG, Trasadingen, Schweiz) angezüchtet. Pro Well wurden 100 µl der Pilzsuspension bei 37°C aerob kultiviert. Nach 24 h wurde der Überstand abgezogen und durch sterile YPD Broth ersetzt. Nach weiteren 24 h wurde das Medium abgezogen. Für die Testungen wurden Biofilme verwendet, die 12 h (junge Biofilme), 24 h (mittelreife Biofilme) und 48 h (reife Biofilme) inkubiert worden waren. Vor Anwendung der antimikrobiellen Substanzen wurde jedes Well mit 200 µl D-PBS gespült.

Antiseptische Behandlung

Die Biofilme wurden mit 100 µl 0,1% Chlorhexidindigluconat (CHX) in wässriger Lösung überschichtet und 1 min, 5 min bzw. 60 min inkubiert. Anschließend wurde das Antiseptikum abgezogen und die antiseptische Wirkung durch Zugabe von 100 µl Inaktivator aufgehoben.

Für die antimykotische Behandlung wurde 100 µl Fluconazol (2 mg/ml) auf die Biofilme gegeben. Nach 30 min Inkubation wurde das Antimykotikum ebenfalls abgezogen und inaktiviert.

Nach dem gleichen Schema erfolgte die 1- und 5-minütige Behandlung mit 0,6% Natriumhypochlorit (NaOCl).

Als Inaktivator wurde die Kombination von 40 g/L Tween 80, 30 g/L Saponin, 4 g/L Lecitin, 10 g/L SDS, supplementiert mit 0,1% Natrium-Thioglycolat, verwendet. Die vollständige Inaktivierung der Antiseptika durch den Inaktivator wurde zuvor im quantitativen Suspensionsversuch nach DIN 1040 nachgewiesen.

Als Kontrolle wurde physiologische Kochsalzlösung verwendet.

Alle Versuche wurden mit 8 Proben wiederholt, sodass je 8 Wells mit Biofilmen 1 min mit CHX, 5 min mit CHX, 60 min mit CHX, 30 min mit Fluconazol, 1 min mit NaOCl, 5 min mit NaOCl, sowie 1 min mit NaCl-Lösung (im folgenden NaCl-Kontrolle) behandelt wurden.

Physikalische Behandlung mit tissue tolerable plasma

Als Plasmaquelle wurde ein HF-Plasma-Jet (Frequenz 1.82 MHz, Eingangsleistung 3 W) (kINPen 09, INP Greifswald) unter Verwendung von Argon als Trägergas verwendet [12]. Das im Jet generierte Plasma (räumliches after-glow Plasma, Effluent) wurde während der Behandlung bei einer Argon-Gasflussrate von 5 slm (Standardliter/min) auf die zu behandelnde Oberfläche gerichtet, wobei die Temperatur an der Plasmaspitze 42°C betrug. Bei dieser Temperatur wird auf der Oberfläche eine mittlere Wärmeleistung von etwa 150 mW generiert.

Zur Plasmaanwendung wurde die Plasmaquelle in einen computergesteuerten xyz-Tisch eingespannt und jeweils ein Well der Mikrotiterplatte darunter positioniert, sodass der Abstand zwischen der Kapillare des Plasmajets und des Biofilms im Well 11 mm betrug. Es wurden jeweils acht Wells behandelt. Die Plasmaflamme berührte die Probe dabei nicht direkt. Als Kontrolle wurden je acht Proben mit 5 slm (Standardliter/min) Argongas behandelt. Um auch eventuell auftretende Austrocknungseffekte durch den Gasstrom zu erfassen, wurde darüber hinaus auch eine unbehandelte Kontrolle mit ebenfalls acht Proben mitgeführt.

Auswertung

Die Optische Dichte (OD) als Maß für die Biofilmentwicklung wurde für jeden Biofilm im Well sofort (0 h) sowie 12 h, 24 h und 48 h nach Behandlung spektrophotometrisch bei 620 nm ermittelt (Plattenphotometer, anthos Mikrosysteme, Krefeld, Deutschland).

Die Daten wurden mit Hilfe von STATVIEW® 5.0 (SAS, Cary, NC) mittels Mann-Whitney-Test statistisch ausgewertet. Dabei wurden die Ergebnisse der chemisch behandelten Proben gegen die NaCl-Kontrolle, die Ergebnisse der Plasmabehandlung gegen die Gaskontrolle getestet.


Ergebnisse

Biofilme im frühen Stadium (12 h)

Die OD des jungen Biofilms lag unmittelbar nach Behandlung (0 h) durchschnittlich bei 0,062. Der mit NaCl-Lösung behandelte Biofilm wuchs innerhalb von 24 h auf eine OD von 0,89, die auch nach 48 h gemessen wurde (Tabelle 1 [Tab. 1]). 12 h nach der antiseptischen Behandlung war die OD aller behandelten Proben signifikant geringer als bei der Kontrolle. Nach weiteren 12 h erholten sich die Biofilme, die mit CHX behandelt wurden und erreichten ähnliche optische Dichten wie die NaCl-Kontrolle. Die OD war nach kurzer CHX-Behandlung (1 min, 5 min) sowie nach Weiterkultivierung von 24 h und 48 h signifikant höher als bei der Kontrolle, während die 60-minütige CHX-Behandlung nur 48 h nachher gegenüber der Kontrolle signifikant erhöht war. Die einminütige NaOCl-Behandlung zeigte nur nach 12 h Weiterkultivierung einen antimykotischen Effekt, nach 24 h und 48 h waren wieder vergleichbare optische Dichten wie bei der Kontrolle erreicht. 24 h nach fünfminütiger NaOCl-Behandlung war die optische Dichte signifikant geringer als bei der NaCl-Kontrolle. Nach 48 h wuchs der behandelte Biofilm auf die gleiche optische Dichte (0,89) wie die Kontrolle. Lediglich die OD des mit Fluconazol behandelten Biofilms war auch noch nach 48 h signifikant geringer als die Kontrollwerte.

12 h nach Behandlung gab es einen signifikanten Unterschied zwischen der TTP-Behandlung und der Gaskontrolle (Abbildung 1 [Abb. 1]). Die optische Dichte der mit Argon-Gas behandelten Kontrollprobe stieg nach weiteren 36 h kaum weiter an und blieb, wie auch die mit TTP behandelte Probe, bei allen Messungen signifikant unter den Werten der unbehandelten Kontrolle.

Biofilm im mittleren Stadium (24 h)

Die optische Dichte der halbreifen Biofilme war mit durchschnittlich 0,18 bereits doppelt so hoch wie die der jungen Biofilme. Nach 12 h waren nur die Werte der mit NaOCl behandelten Biofilme signifikant unter der NaCl-Kontrolle (Tabelle 2 [Tab. 2]). Allerdings waren diese nach 24 h und 48 h signifikant höher als die Kontrollwerte. CHX und Fluconazol hatten keinen signifikanten Einfluss auf halbreife Biofilme.

Auch die TTP-Behandlung hatte ebenso wie die Behandlung mit Argongas keinen signifikanten Einfluss (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Reifer Biofilm (48 h)

Beim reifen Biofilm hatte die NaCl-Kontrolle mit durchschnittlich 0,25 die höchste Ausgangs-OD. Fünf- und 60-minütige CHX-Behandlung führte nach 12 und 48 h zu signifikant geringeren OD (Tabelle 3 [Tab. 3]). Durch fünfminütige NaOCl-Behandlung war die OD zu allen Zeitpunkten signifikant vermindert. Bei der einminütigen NaOCl-Behandlung war das nur nach 12 h der Fall. Durch Plasmabehandlung konnten nach 24 h und 48 h gegenüber der unbehandelten Kontrolle signifikant geringere OD gemessen werden. Im Vergleich zur Gaskontrolle waren die TTP-Werte zu allen Messzeitpunkten reduziert. Jedoch war dieser Effekt nicht signifikant (Abbildung 3 [Abb. 3]).


Diskussion

Chandra et al. haben die Bildung von Candida albicans-Biofilmen in 3 Phasen eingeteilt: frühe, mittlere und reife Phase [10]. Entsprechend wurden in unseren Versuchen Biofilme jeder dieser Phasen chemisch mit Antiseptika und physikalisch mit TTP behandelt, um den Einfluss der antifungiellen Wirkung in Abhängigkeit vom Reifegrad zu untersuchen. Hierzu wurde die OD als ein Maß für die Anzahl der Candidazellen und deren Matrix verwendet. Eine ansteigende OD korrespondierte mit vermehrter Biofilmbildung.

Die jungen Biofilme bestanden aus adhärierten und aggregierten Pilzzellen, die sich in der Wachstumsphase befanden. Diese Zellen waren sehr empfindlich auf alle Chemikalieneinflüsse und die Plasmaeinwirkung. Dieser Effekt war allerdings nur 12 h nach Behandlung messbar. Bereits nach weiteren 12 h waren die OD der unbehandelten Kontrolle wieder erreicht und teilweise signifikant überschritten. Die Biofilmbildung wurde also nur verzögert, nicht aber dauerhaft gehemmt. Chlorhexidin schien die Zellen zu stimulieren, einen signifikant optisch dichteren Biofilm zu bilden (eventuell durch erhöhte Matrixproduktion). Dieser Effekt war nach TTP-Behandlung im Vergleich zur Gaskontrolle ebenfalls zu beobachten. Der Trocknungseffekt des Gasstroms führt zu einer reduzierten Biofilmbildung. Die nach 12 h erreichte OD der Gaskontrolle blieb über den Versuchszeitraum annähernd konstant. Nach 48 h konnten bei jungen Biofilmen nur Fluconazol, TTP und der Gasstrom die Biofilmbildung signifikant reduzieren.

Aus Voruntersuchungen war bekannt, dass sich Candidazellen nach 24 h bereits in der stationären Phase befinden. In diesem mittleren Stadium sezernieren die Hefen extrazelluläres Material, in das sie sich mit steigender Inkubationszeit vermehrt einhüllen, sodass im reifen Biofilm (48 h Biofilmbildung) alle Zellen von extrazellulärer Matrix umgeben sind. Der Gesamtkohlenhydrat-Anteil der Matrix ist bei jungen Biofilmen signifikant geringer, als bei reifen Biofilmen [16]. Die Matrix bildet eine Barriere gegenüber antifungiell wirksamen Substanzen. Außerdem wird die Genexpression nach Adhäsion an eine Oberfläche umgestellt, sodass u. a. vermehrt Quorum Sensing auftritt [10].

Die Unterschiede der OD zwischen Kontrolle und Behandlung waren daher 12 h nach Behandlung der reifen bzw. halbreifen Biofilme weniger stark ausgeprägt als bei den jungen Biofilmen.

Nur NaOCl verzögerte kurzzeitig (12 h-Wert) die Biofilmbildung signifikant, nach 24 h und 48 h wurde eine signifikant erhöhte Biofilmbildung gemessen. Alle weiteren Behandlungsmethoden hatten keinen signifikanten Einfluss.

5- und 60 min CHX-Behandlung sowie 5 min NaOCl- und 1 min TTP-Behandlung bewirkten bei reifen Biofilmen zu allen Zeitpunkten eine signifikant reduzierte Biofilmbildung. Im Vergleich zur Gaskontrolle konnte im reifen und mittelreifen Biofilm durch TTP allerdings keine signifikante Reduktion der OD detektiert werden. Die OD lag im reifen Biofilm allerdings zu allen Messzeitpunkten unter der Gaskontrolle. Im mittelreifen und jungen Biofilm überstieg der TTP-Wert den der Gaskontrollen sogar signifikant und zeigte damit eine ähnliche Wirkung wie Chlorhexidin im Vergleich zur NaCl-Kontrolle.

Nach wie vor sind nicht alle Probleme bei der Anwendung von Antiseptika geklärt. Natriumhypochlorit wird seit über 200 Jahren zu Desinfektionszwecken verwendet und in der Zahnmedizin zur Antiseptik von Wurzelkanälen eingesetzt. Dabei wird auch dessen gewebeauflösende Wirkung genutzt. Gegen Candida albicans wirkt es fungizid. Die Effektivität von NaOCl hängt von der Kontaktzeit und der Konzentration der zur Verfügung stehenden hypochlorigen Säure (HClO) ab, wodurch seine Toxizität für das periapikale Gewebe und die Mundschleimhaut erhöht wird [17], [18]. Gegen Biofilme ist es eine der effektivsten Substanzen, die in der Zahnmedizin eingesetzt werden [19].

CHX ist ein häufig eingesetztes Antiseptikum und der Goldstandard für die orale Plaquereduktion [20], [21], [22]. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Wirksamkeit von CHX vom jeweiligen Testsystem abhängt, und es sich bisweilen auch als unwirksam gegen Biofilme erwies [23]. Die Wirksamkeit von Chlorhexidin hängt, wie auch diese Ergebnisse zeigen, neben seiner Konzentration vor allem von seiner Expositionszeit ab. Gegen Pilze wirkt CHX fungistatisch. Im Gegensatz zu Sladek et al. kam es in unserer Studie nach Inaktivierung von CHX durchaus noch zu Biofilmwachstum [14]. Das belegt, dass zur Inaktivierung von CHX ein spezifischer Inaktivator benötigt wird, da eine einfache Verdünnung hierfür nicht ausreichend ist [24]. Da CHX mindestens 7 h auf Zahnschmelz, Gingiva und Mikroorganismen haftet, kann es über einen langen Zeitraum wirken [25]. Die zelltoxische Wirkung von CHX kann dadurch allerdings die Regeneration der infizierten Schleimhaut einschränken [26], [27]. Ebenfalls fungistatisch wirkt Fluconazol. Durch dessen weltweiten Gebrauch sind bereits Resistenzen von Candida albicans bei HIV-Patienten mit oropharyngealen Candidosen und sogar bei Gesunden beschrieben wurden [28], sodass Überlegungen zum Ersatz derartiger Wirkstoffe im Rahmen der antiseptischen Anwendung sinnvoll sind.

TTP ist eine potentielle physikalische Alternative zur chemischen Antiseptik. In den letzten Jahren sind an mehreren Zentren Plasmaquellen zur medizinischen Anwendung entwickelt und getestet worden [29], [30].

Die im Vergleich zu den Antiseptika sehr kurze Plasmaanwendung zeigte sehr gute antimikrobielle Effekte gegen junge und reife Candida albicans-Biofilme. Insbesondere der signifikante Unterschied zwischen der Argon-Gas-Behandlung und der TTP-Behandlung der in der Wachstumsphase befindlichen Hefen im jungen Biofilm nach 12 h bestätigt, dass es sich bei der Wirkung nicht nur um einen Trocknungseffekt durch den Gasstrom handelt. Das steht in Übereinstimmung zu Ergebnisse anderer Autoren zur antimikrobiellen Wirkung von TTP [31], [32].

Da andere Plasmakonfigurationen, insbesondere die Veränderungen der Gase und der Energiedichte des erzeugten Plasmas, zu verbesserten Ergebnissen führen können, ist zu erwarten, dass die hier beobachteten antimikrobiellen Effekte gegen Candida albicans in Biofilmen übertroffen werden können. Daher sind weitere Untersuchungen nötig, um die Wirksamkeit auch für andere Erreger und unter anderen Bedingungen zu verifizieren.


Danksagung

Die Arbeit wurde innerhalb des 2008 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bewilligten interdisziplinären Projekts „CampusPlasmaMed“ innerhalb des Leitprojekts „PlasmaDent“ erstellt. Die Autoren danken dem BMBF für die Förderung (BMBF, Förderkennzeichen 13N9779).


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